Erklärung zum Parteiaustritt des BVV-Fraktionsvorsitzenden

Der Vorsitzende der SPD-Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung Pankow, Roland Schröder, hat zum 31. August seinen Austritt aus der SPD erklärt. Damit endet auch seine Zeit in der Fraktion und in der Rolle des Vorsitzenden.

Dazu erklären die Kreisvorsitzenden der Pankower SPD, Rona Tietje und Dennis Buchner, sowie die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden, Katja Ahrens und Thomas Bohla:

Wir danken Roland Schröder für viele Jahre engagierter Arbeit in unserer Fraktion zum Wohle des Bezirks und wünschen ihm alles Gute für den weiteren Lebensweg.

Die beiden stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden werden zunächst die Geschäfte übernehmen und die notwendigen Prozesse zur personellen Neuaufstellung gemeinsam mit der Fraktion einleiten.

 
Kitas? Welche Kitas?

Die von der CDU vorangetriebene Rückkehr zu Tempo 50 auf 23 Hauptstraßen ist in der gestrigen Senatssitzung vorerst gescheitert. Grund hierfür waren gravierende Versäumnisse bei der Überprüfung der Strecken im Hinblick auf sensible Einrichtungen wie Schulen, Kitas, Krankenhäuser, Seniorenzentren und Werkstätten für Menschen mit Behinderung in der näheren Umgebung.

In der Verkehrsverwaltung herrscht indes wenig Einsicht. So ließ Petra Nelken, Sprecherin von Senatorin Bonde, verlauten, dass Kitas doch von sich aus Tempo 30 vor der eigenen Tür beantragen können. Das hätte jedoch bislang kaum eine Kita gemacht. Als Antwort auf die Kritik an einer mangelhaft ausgeführten Überprüfung ist eine solche Stellungnahme bemerkenswert. Die Verantwortung für die Verkehrssicherheit liegt in der Hand des Staates. Diese nun von sich zu weisen ist angesichts der Wichtigkeit ein Armutszeugnis der Verkehrsverwaltung.

Doch darin erschöpft sich die Arbeitsverweigerung nicht. Die Sprecherin führt weiter aus: „In die Kita gehen die Kinder nicht allein. Die Eltern sind dazu verpflichtet, sie dorthin zu bringen“. Was ist denn das für eine Aussage? Es stellt sich die Frage, ob das auch die Haltung der Senatorin ist und wenn ja: Wie wenig kann man sich eigentlich für die Verkehrssicherheit in der Stadt interessieren?

Die Senatorin wäre gut beraten sich weniger intensiv mit überflüssigen Luftschlössern wie einer Magnetschwebebahn zu beschäftigen, sondern sich stattdessen mit den tatsächlichen Themen in der Stadt – nämlich zuverlässige und sichere Mobilität zu befassen. Auch das Zurückrudern des CDU-Fraktionschefs, der zu den Fehlern zu Protokoll gab „Sollte es so sein, dass das in der jetzigen Vorlage an auch nur einer Stelle nicht sichergestellt ist, dann muss das geändert werden“ wirkt wenig glaubwürdig. Denn: Die „übersehenen“ Kitas befinden sich in jenen Abschnitten, die er selbst im Januar 2024 vorgeschlagen hat.

Die SPD-Fraktion erwartet, dass diese Überprüfung erneut, gründlich und vor allem vollständig durchgeführt wird und die Ergebnisse transparent und nachvollziehbar dargestellt werden. Wir haben uns gemeinsam der Vision Zero verpflichtet und deshalb ist in dieser Frage kein Spielraum für Versäumnisse.

 
Instandsetzung der Wege im Volkspark Prenzlauer Berg

Die einen nennen es „Buckelpiste“, das Bezirksamt nennt sie „schadhafte Asphaltwege“. Klar ist aber, an den Wegen im Volkspark Prenzlauer Berg muss etwas getan werden. Und das geschieht jetzt: 1,2 Mio. Euro stehen dem Bezirk hierfür an Mitteln aus dem Vermögen der Parteien und Massenorganisationen der ehemaligen DDR zur Verfügung. Vorbereitende Baumarbeiten hierzu erfolgten bereits im Februar und im Juli.

In zwei Bauabschnitten von Mitte August bis Oktober wird es zur Sperrung von Teilbereichen des Parks kommen. Zur besseren Orientierung werden hierzu an den Zugängen Pläne ausgehängt werden. Der Spielplatz wird nicht betroffen sein.

 
SPD Bötzowviertel gedenkt Willi Schneider

Auch in diesem Jahr hat die SPD im Bötzowviertel dem Sozialdemokraten Willi Schneider gedacht, der 1931 von Nationalsozialisten ermordet wurde. Willi Schneider wurde am 9. August 1907 geboren. Seine Eltern betrieben Anfang der 1930er Jahre ein Tabakgeschäft in der Hufelandstraße 39, an das auch die Wohnräume der Familie angrenzten. In der Silvesternacht 1930/31 kam es während einer privaten Feier im Hause Schneider zu einem gewaltsamen Übergriff. Gäste der Familie wurden zunächst von Anhängern eines nahegelegenen NSDAP-Vereinslokals beleidigt. Kurz darauf drang ein SA-Mann mit einem geladenen Revolver in das Geschäft und bis in die Wohnung der Familie ein. Dort traf er auf den gerade nach Hause kommenden Willi Schneider, den er mit einem Schuss tödlich verletzte. Vor dem Haus wurde auch der Sozialdemokrat Herbert Graf von einem weiteren SA-Mann erschossen. Im Dezember 1931 wurden die Täter zunächst zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt, die in der Berufung 1932 teilweise reduziert wurden. Bereits 1933 wurden sie durch eine Amnestie für politisch motivierte Straftaten aus dem rechten Lager wieder auf freien Fuß gesetzt.

Anlässlich seines 118. Geburtstags haben wir am vergangenen Samstag Willi Schneider und all jenen Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten gedacht, die in der Zeit des Nationalsozialismus bedroht, verfolgt und ermordet wurden.

 
Dennis Buchner: Erinnerung an Julius Gumbel: Der Statistiker, der rechten Terror sichtbar machte

Heute möchte ich an eine Persönlichkeit erinnern, der vielen unbekannt sein dürfte, der jedoch seinen Platz in der Geschichte des letzten Jahrhunderts gefunden hat. Emil Julius Gumbel wurde 18. Juli 1891 in München geboren und verstarb am 10. September 1966 in New York.

Am 6. August 1932 verliert der jüdische Mathematiker und Statistiker seine Lehrerlaubnis an der Universität Heidelberg – ein symbolträchtiges Datum, das für den politischen Druck auf kritische Intellektuelle in der späten Weimarer Republik steht. Gumbel war zu dieser Zeit nicht nur ein angesehener Professor, sondern vor allem ein unbequemer Mahner, der das Schweigen über rechten Terror durchbrach.

Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs häufen sich in der Weimarer Republik politische Morde, vor allem durch rechtsradikale Gruppierungen. Während große Teile von Justiz und Medien die Täter schonen oder gar glorifizieren, beginnt Gumbel 1919 mit der systematischen Erfassung dieser Verbrechen. Seine Analyse kulminiert 1922 in dem erschütternden Buch „Vier Jahre politischer Mord“, das aufdeckt: Die deutsche Justiz verurteilt rechte Mörder kaum, während linke Straftäter mit maximaler Härte belangt werden.

Mit wissenschaftlicher Präzision und politischer Überzeugung bringt Gumbel damit ein Tabuthema auf den Tisch. Für Nationalkonservative, Burschenschaften und bald auch Nationalsozialisten wird er zur Hassfigur. Auf studentischen Veranstaltungen wird er diffamiert, seine Vorlesungen werden gestört, anonyme Drohungen häufen sich. Letztlich führt der politische Druck zur Entlassung durch das badische Kultusministerium – nicht etwa wegen wissenschaftlicher Mängel, sondern wegen seiner „politischen Gesinnung“.

1933 emigriert Gumbel nach Frankreich, verliert die deutsche Staatsbürgerschaft und lebt später in den USA. Er stirbt 1966 in New York – weitgehend vergessen von dem Land, dessen demokratische Werte er einst verteidigte. Erst Jahrzehnte später wird sein Wirken in Deutschland wiederentdeckt, unter anderem durch Gedenkinitiativen in Heidelberg.

Was wir von Gumbel lernen können – ein Blick in die Gegenwart

Gumbels Geschichte ist keine ferne Anekdote. Sie wirft ein grelles Licht auf heutige gesellschaftliche Entwicklungen. In einer Zeit, in der rechte Gewalt und autoritäres Denken in vielen westlichen Demokratien wieder an Boden gewinnen, ist Gumbels unermüdliche Arbeit gegen das Verschweigen und Bagatellisieren von politisch motivierter Gewalt hochaktuell.

Auch heute sehen wir eine Tendenz, rechten Terror zu verharmlosen oder zu relativieren. Die Aufdeckung rechter Netzwerke innerhalb von Polizei, Bundeswehr und Justiz, die Debatten um ungleich verfolgte Straftaten je nach politischer Motivation und der Hass gegen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und Journalistinnen  und Journalisten – all das erinnert an Gumbels Zeit. Die Parallelen sind nicht zufällig, sondern Ausdruck wiederkehrender gesellschaftlicher Muster.

Ein Appell an unsere Zeit

Julius Gumbel war ein Demokrat, der mit den Mitteln der Wissenschaft auf Missstände hinwies. Sein Mut, die Wahrheit auszusprechen – gegen den Strom, gegen die Mehrheit, gegen staatliche Repression – macht ihn zu einer Figur, an die wir gerade heute erinnern müssen.

Sein Schicksal mahnt uns, wachsam zu bleiben gegenüber struktureller Ungleichheit, politischer Gewalt und der Bedrohung der Wissenschaft durch ideologische Angriffe. Erinnern wir uns an Gumbel nicht nur als Opfer, sondern als Vorbild für eine streitbare, faktenbasierte Zivilgesellschaft.