Mit langfristig orientierter Politik zu einem gesunden Landeshaushalt!

Veröffentlicht am 18.07.2013 in Finanzen

Heute investieren und Gestaltungsspielräume erhalten, statt in wenigen Jahren massiv kürzen!

Die negativen Auswirkungen des Zensus für Berlin sind enorm. Nach der Veröffentlichung der Zahlen fehlen uns im Berliner Haushalt plötzlich 470 Mio. Euro. Doch im Berliner Haushalt stecken noch andere Risiken. Derzeit ist der Berliner Landeshaushalt mit fast einer Mrd. Euro unter­finanziert, d.h. eine Finanzierungslücke zwischen Einnahmen und Ausgaben von knapp einer Mrd. Euro muss in diesem Jahr durch neue Kredite gedeckt werden. Diese Fi­nanzie­rungs­lücke wird in den kommenden Jahren, sollte die Politik nicht gegensteuern, größer werden.

Dies hat folgende Gründe:

  1. Im Haushaltsjahr 2013 wurden dem Land Berlin noch 1,245 Milliarden Euro aus dem Solidarpakt zugewiesen. Dieser läuft bis 2020 schrittweise aus.
  2. In den kommenden Jahren sind höhere Personalausgaben unvermeidbar. Die Politik in Berlin hat den klaren Willen, die Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes wieder an die Bezahlung im restlichen Bundesgebiet anzugleichen, nachdem diese in den vorherigen Jahren unterdurchschnittlich bezahlt wurden. Hinzu kommen steigende Pensions­lasten und neue Ausgaben, die aus notwendigen Neueinstellungen re­sul­tieren. Hierbei ist mit mindestens 2,0% Ausgabensteigerung pro Jahr zu rechnen, was eine weitere Milliarde Euro ab 2020 ausmacht.
  3. Vor dem Bundesverfassungsgericht führen die unionsgeführten Länder Bayern und Hessen eine Klage gegen den Länderfinanzausgleich. Aus dem Länderfinanzausgleich bezieht Berlin derzeit 2,77 Mrd. Euro pro Jahr (3,24 Mrd. Euro vor dem Zensus). Selbst wenn diese wohl vor allem wahltaktisch motivierte Klage vor dem BVerfG er­folg­los bleiben sollte, muss der Länderfinanzausgleich bald neu verhandelt werden. Dies muss einvernehmlich mit den sog. Geberländern geschehen. Ein Ein­nahme­ver­lust von einer weiteren Milliarde Euro für Berlin scheint nicht unrealistisch.
  4. Berlin zahlt – trotz der weltweiten Tiefzinsphase – für seine Schulden jedes Jahr rund 10% seines Haushaltes an Zinsen. Alle Fachleute gehen sogar bei nur gleich hohen Schulden von einem realistischen Zinsrisiko von über einer weiteren Milliarde Euro aus.

In den vergangenen Jahren haben sich die Steuereinnahmen Berlins positiv entwickelt. Selbst wenn dieser Effekt anhalten sollte und weiterhin ein Steuerzuwuchs von 2,3% pro Jahr erreicht wird, ergibt sich für Berlin im Jahre 2020 eine Deckungslücke von bis zu 3 Mrd. Euro! Zudem gilt ab 2020 die Schuldenbremse, die die Neuaufnahme von Krediten untersagt.

Wenn wir massive Haushaltskürzungen vermeiden wollen, müssen wir bis 2020 auf anderem Wege zu einer schwarzen Null kommen!

Dies kann uns mit folgenden Schritten gelingen:

  1. Berlin hat in den vergangenen Jahren massive Sparanstrengungen unternommen. Die Spielräume für weitere Ausgabenkürzungen sind jedoch ausgereizt. Die Position der CDU, einseitig auf Ausgabenkürzungen zu setzen, ist nicht durchhaltbar, wenn das Land weiterhin seinen Aufgaben in den Bereichen Bildung, Soziales und Stadt­ent­wicklung nachkommen will. Klar ist aber auch, dass es Steigerungen der Ausgaben unter den hier skizzierten haushalterischen Herausforderungen nicht geben kann. Ich vertrete daher eine konsequente Nulllinie bei den Ausgaben.
  2. Unerlässlich ist es, die Einnahmenseite verstärkt in den Blick zu nehmen. Wir brauchen strategische Ansätze, die zu Mehreinnahmen im Landeshaushalt führen. In den vergangenen Jahren haben die Berliner Wasserbetriebe Betriebsergebnisse von rund 400 Mio. Euro pro Jahr erzielt. Wir müssen die privat gehaltenen Anteile der Berliner Wasserbetriebe zurückerwerben. Die Wasserpreissenkung werden wir einhalten! Aber selbst nach Abzug dieser Mindereinnahme könnte ein dreistelliger Millionenbetrag an jährlichen Mehreinnahmen im Berliner Landeshaushalt verbleiben.
  3. Vattenfall hat in den vergangenen Jahren am Berliner Stromnetz gut verdient. Ich setze mich für eine konsequente Rekommunalisierung ein. Vermutlich 100 Mio. Euro Gewinn pro Jahr könnten so im Berliner Landeshaushalt verbleiben.
  4. In Berlin wird investiert. Investoren aus aller Welt kommen nach Berlin. Auch diese müssen zukünftig stärker an der Finanzierung des Gemeinwohls beteiligt werden. Die Grunderwerbssteuereinnahmen sind in den vergangenen Jahren in Berlin auf 800 Mio. Euro pro Jahr gestiegen. Die Grunderwerbssteuer ist mietenneutral und belastet ausschließlich einmalig beim Grundstückserwerb. Hier kann eine moderate Anhebung zu Mehreinnahmen von etwa 100 Millionen Euro führen.
  5. Bundesgesetze, die finanzielle Auswirkungen auf die Bundesländer haben, müssen auch vom Bund gegenfinanziert werden. Derzeit verliert Berlin auf Grund von Bundesgesetzen jährlich über 800 Mio. Euro. Hiermit muss Schluss sein! Wir brauchen eine Bundesregierung, die die Bundesländer ausfinanziert.

Mit dieser Politik kann es Berlin gelingen, das strukturelle Haushaltsloch zu schließen und die Schuldenbremse einzuhalten. Wir müssen mit dieser Politik der Investitionen jetzt beginnen, damit wir nicht 2020 massiv kürzen müssen.

Die Zusammenfassung eines Vortrages zum Thema, den ich im Juni vor der SPD-Fraktion des Abgeordnetenhauses gehalten habe, können Sie sich hier herunterladen.

Das Abgeordnetenhaus hat sich in seiner Sitzung am 13. Juni 2013 im Rahmen der Aktuellen Stunde mit dem "Zensus 2011" auseinandergesetzt. Meinen Redebeitrag vor dem Parlament können Sie sich unten und auf meinem YouTube-Kanal ansehen. Eine Textfassung zum Nachlesen finden Sie hier.

 

Homepage Torsten Schneider, Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin