Der von der Initiative Mietenentscheid e.V. im April im Rahmen eines Volksbegehrens vorgelegte Entwurf eines "Gesetzes über die Neuausrichtung der sozialen Wohnraumversorgung in Berlin“ begegnete in seiner konkreten Ausgestaltung seitens der SPD-Fraktion von Anfang an durchgreifenden Bedenken. Eine 1:1-Umsetzung des Gesetzentwurfes durch Volksentscheid hätte für das Land Berlin erhebliche finanzielle und rechtliche Risiken bedeutet. Der Entwurf der Initiative beinhaltete jedoch auch zahlreiche politische Schnittmengen mit der Politik der SPD.
Mit Blick auf diese grundlegenden Gemeinsamkeiten und weil eingeschätzt wurde, dass ein konstruktiver Politikansatz sowie hinreichende Einigungsabsicht bestanden, wurden Sondierungen und schließlich seit Ende Juli von der SPD-Fraktion des Abgeordnetenhauses und der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Gespräche mit der Initiative zur Findung einer tragfähigen politischen Lösung geführt.
Im Rahmen intensiver und zeitaufwendiger Verhandlungen konnte nun ein Durchbruch erzielt werden: Die Verhandlungsgruppe von Fraktion, Senat und Initiative erarbeitete gemeinsam einen konkreten Gesetzentwurf, der bereits alle politischen Festlegungen enthält. Die Verhandlungsgruppe hat ihren Gremien empfohlen, auf der Basis der nun erzielten politischen Einigung das zu erstellende Gesetz anzunehmen. Dabei handelt es sich um ein sogenanntes Artikelgesetz, das der Senat einbringen wird. Stimmt die Basis der Initiative dem gemeinsam ausformulierten Gesetzentwurf zu und beschließt das Parlament diesen Entwurf bis zum 15.11.2015, erübrigt sich die Fortsetzung des Volksentscheides.
Die Initiative konnte in den Verhandlungen auf ihre eigene Kostenschätzung festlegt werden, so dass nur noch jährliche Ausgaben i.H.v. ca. 230 Millionen Euro in Rede standen; dabei hat die Initiative u.a. Mitnahmeeffekte auf Seiten der privaten Vermieter i.H.v. ca. 500 Millionen, die in Kauf genommen wurden, aufgegeben. Die Initiative hat gegen sich gelten lassen, dass Bestandteil dieser jährlichen Aufwendungen von ca. 230 Millionen Euro mindestens 128 Millionen Euro Neubauförderung sind, so dass lediglich etwa 100 Millionen Euro sonst zu finanzieren waren; letztlich konnte so erreicht werden, dass die SPD-Politik, die Neubauförderung sukzessive auf 3.000 Wohneinheiten bzw. 192 Millionen Euro zu verdreifachen, stand gehalten hat. Es kommt außerdem zur Anrechnung von Sachwerteinlagen und zur zeitlichen Streckung. Im Ergebnis müssen ca. 20 Millionen Euro nachfinanziert werden, davon in den Haushaltsjahren 2016/2017 jeweils etwa 3,5 Millionen Euro. Die Umsetzung des ursprünglichen Gesetzentwurfes hätte nach Senatsschätzungen über 3 Milliarden Euro Haushaltsgelder in fünf Jahren adressiert.
Die Initiative hat auch auf die Umwandlung der Wohnungsbaugesellschaften (WBG) in Anstalten öffentlichen Rechts verzichtet und ist auch hinsichtlich der Bonitätsabfragen und etwaiger Zwangsräumungen Kompromisse eingegangen. Demgegenüber wurden die Beteiligungsstrukturen der Mieter gestärkt und die soziale Abfederung der Mieten deutlich verbessert. In einem Sondervermögen werden Gelder für den Ankauf und die Modernisierung von Wohnungen bereitgestellt. Freie kommunale Wohnungen werden zu 55% an WBS-Berechtigte und Sonderfälle – z.B. Flüchtlinge – vergeben. Es konnte eine wirksame „Privatisierungsbremse“ unterhalb der Verfassung implementiert, das „Mietenbündnis“ gesetzlich fortgeschrieben und verankert werden, dass die WBG keinen Gewinn abführen müssen.
Weitere Informationen und wichtige Einzelpunkte der Einigung können Sie dem von mir für die SPD-Fraktion erstellten Vermerk entnehmen.